Kleiner Trichter 450m VII+ E 3+

DE/ Berchtesgadener Alpen/ Hoher Göll 2522m Westwand

toller, eher inhomogener Pauseklassiker in spektakulärer Kulisse

Sl. 11; griffige Schwachstelle inmitten plattiger Wand; 4+
Sl. 11; griffige Schwachstelle inmitten plattiger Wand; 4+

Vom Parkplatz an der Scharitzkehlalm geht man sehr entspannt zum beeindruckenden Sockel des Hohen Göll, dieser außergewöhnlich löchrige Plattenpanzer ist ein Top Klettergarten in der 

Region für obere Schwierigkeitsgrade. Rechts des Huber´schen Testpieces "Scaramouche" - übrigens 10- und E 5, da der Alex ja nur vor und nach den schwierigen Stellen Bohrhaken setzen kann. Ist ihm sonst im Vorstieg zu anstrengend. Großes Kompliment für diese Leistung und den fairen Stil! - beginnt der Pauseklassiker der Herren Gauder und Helminger von 1943.

 

Entlang erstaunlich leichter Schwachstellen kletterten sie relativ direkt entlang von Rissen durch den kompakten Wandteil. Vor dem überhängenden, abweisenden Pfeiler querten sie nach links. Fast wären sie sogar frei durchgekommen, wären da nicht wenige plattige Meter zwischen zwei Bändern. So kam es -wie so oft in dieser Zeit- zu einem (Doppel-) Seilzugquergang, der sich heute mit den richtigen Kletterschuhen freiklettern lässt.

"Was zählt ist das Erlebnis" - Anderl Heckmair

Seilzugquergang Sl. 12; kurze Plattenstelle 7(+)
Seilzugquergang Sl. 12; kurze Plattenstelle 7(+)

Am 27.09.2016 fanden wir die Route, welche an den Standplätzen mit je einem AV-Ring plus einem Bohrhaken in der SSl saniert wurde, in komplett trockenem Zustand vor. Wenige, aber doch recht passable NH als Zwischensicherung, es finden sich immer wieder gute Placements zum absichern. Der Fels ist meist gut, die bis in den Herbst nassen Stellen sind derart rau, dass man trotzdem hochkommen kann. Meist im 5ten Grad, einige Stellen schwerer.

Friends #0,5 bis #3; Keile; 60m Doppelseil

 

Da es sich in manchen Berichten nur noch um Zahlen und Leistungen geht, möchte ich von dieser Einstellung hiermit Abstand nehmen. Was sind wir eigentlich für eine Generation, wenn es sich nur noch um Topoverbesserung dreht und die Erstbegeher und Führerautoren teilweise wegen jedem kleinen Fehler sogar beleidigt werden? Früher gab es gar keine oder nur einfache Topos - siehe "im Extremen Fels". Wer sich an einer logischen Linie orientiert, wird wohl anhand von Begehungsspuren, Haken und dem Topo den Weg finden (mit etwas Spürsinn).

Sl. 14; tolle Kaminverschneidung in rauem, sogar trockenem Fels
Sl. 14; tolle Kaminverschneidung in rauem, sogar trockenem Fels

Friends und Keile hat man ja schließlich immer am Gurt baumeln. Vorausgesetzt, man geht nicht derart überheblich mit Schwierigkeitsgraden um, gerade bei Klassikern. Lieber zu viel Respekt haben, dann ist es auch egal, ob drei oder fünf Haken, bzw. 30m oder 40m Seillänge. Ich finde, wir können den Luxus von einem Topoguide oder Panico etwas mehr schätzen, auch wenn der Abenteuerwert bei manchen Routen darunter leidet, aber auf keinen Fall kritisieren, schließlich sind Mehrseillängen kein Hallenklettern. Ebenfalls respektlos und unnötig ist das auf- und abwerten der Schwierigkeiten aufgrund der persönlichen Leistungform.

Hier also ab jetzt von meiner Seite eher wenige, dafür nützliche Hinweise für Kletterer, die den nötigen Spürsinn und Respekt besitzen. Angaben bezogen auf das Panico Topo:

 

Sl 1 seilfrei die Rampe hoch

Sl 2+3 leicht, zusammenhängen

Sl 4 plattige Querung nach rechts

Sl 5+6 kaminartige Rinne, zusammenhängen

 

Sl 7+8 rauer, nasser Riss, dann Platte nach rechts hoch, unbedingt verlängern, zusammenhängen

 

Sl 9 eher links halten, mobiler Stand?!

Sl 10 Riss ohne Haken, links halten

Sl 11 mittlere Rissverschneidung nach links, etwas brüchig und bewachsen, nach links um´s Eck. Querung zum Wandbuch (warum vor der Schlüsselstelle?!) Achtung: die zwei Haken im linken Riss enden in einer Sackgasse!

 

Sl 12 SSl vom Stand weg steiler Riss, vom Klebehaken (Seil in Fixkarabiner einhängen) wieder abklettern und querend auf ein Band abklettern. Die Schwierigkeit besteht darin, den "Durchschlupf" der plattigen Wandstelle zu erkennen und richtig zu lesen ;) Es folgt eine zweite, wesentlich leichtere Seilzugquerung zum Stand. Wenn also ein Halbseil in den je höchsten Haken eingehängt wird und das Seil darunter am Band neu eingebunden wird, ist auch der Nachsteiger super gesichert. 

 

Sl 13 Riss leitet in den Trichtergrund

Sl 14 linke Kaminverschneidung

Sl 15 tolle Verschneidung

Sl 16 lange Länge, Kamin bis zum Grat

 

Wir entschieden uns - anders als die Erstbegeher, welche in leichter Kletterei bis zum Gipfel stiegen - für die Abseilpiste der damals noch nicht vorhanden, mittlerweile sanierten Route "Trichterpfeiler", die orografisch leicht rechts beginnt. Zustieg: 45min/ Route: 5-6h/ Abseilen und Abstieg: 2h

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Kommentare: 1
  • #1

    Erika (Freitag, 14 Oktober 2016 21:01)

    Hi Daniel!

    Das sieht ja nach ein paar verrückten Seillängen aus - den Kamin vom zweiten Bild hätte ich dann bitte auch gerne im trockenen Zustand :D

    Gute Inspiration jedenfalls!

    Bei der Diskussion, die Du ansprichst, würde ich mal sagen: Leben und leben lassen. Wenn jemand leistungsorientiert unterwegs ist, ist das wahrscheinlich genauso berechtigt, wie wenn jemand nach Freude und schöner Landschaft sucht. Erfreulicherweise kann man sich ja recht einfach dieser Berichterstattung entziehen. Dass andere virtuell angegriffen werden, habe ich allerdings noch nicht in der Blogwelt erlebt - liegt aber evtl. auch an vorher genanntem Punkt ;-) Dein Blog hat jedenfalls einen festen Platz im ulligundschen Feedreader ;-)

    LG und weiterhin viel Freude!

    Erika