Inferno und Ekstase 1700m VIII+ E 2

AT/ Karwendel/ Grubenkarspitze 2663m Nordostwand

gewaltige Longline von Ralf Sussmann in erstaunlich gutem Fels

"Du musst weniger Respekt haben, einfach mal in was einsteigen und wenn's blöd läuft a Watschn abholen." Nachdem Martin mich während den Planungen mit diesen Worten überzeugte, sollten viele schwere und vor allem lange Kletterrouten folgen.

Nach der Via Barbara VIII+ und Alpatraum IX- wollten wir nicht immer nur 10 Seillängen mit einer Schlüsselstelle klettern, sondern eben anhaltender und auch moralisch fordernder.


Unser erstes Highlight stellte die Inferno und Ekstase am 25. Juni 2015 dar. So akribisch wie noch nie zuvor planten wir diese Route mit allen Eventualitäten. Stündlich verfolgten wir die Webcam, da die Route unten lange nass ist. Wir waren beide enorm angespannt, aufgeregt und unsicher was uns erwarten würde, ob die Bedingungen eine freie Begehung zulassen würden und ob wir überhaupt auf diese Länge alles frei klettern können. Soweit die Vorgeschichte, jetzt aber zum Tourenbericht:

ich in der 12.Sl/ 8+
ich in der 12.Sl/ 8+

Wir starteten unser Abenteuer am Mittwoch Abend und sind kostenlos wegen der nachts geschlossenen Mautstelle in die Eng gefahren. Nach einer kurzen, sternenklaren Nacht wollten wir um 4 Uhr loslaufen und um 6 Uhr in die Route einsteigen.

Der 1,5 stündige Zustieg lässt schon erfurchtsvoll zu der Megawand aufblicken. 100 Höhenmeter unter dem Einstieg galt es dann zu entscheiden, von welcher Seite wir aufgrund des riesigen Schneefeldes zum Einstieg der Route gelangen konnten.

 

Wir entschieden uns, den linken Teil hochzuhacken. Dass die Randkluft an der Anrisskante einige Meter überhing, merkten wir erst, als wir in das 20 Meter tiefe, schwarze Loch schauten. Ganz vorsichtig stapften wir einige Meter weiter rechts gemütlich über die eingesackte Kante, weiter über den Vorbau (2) sehr intuitiv zum offensichtlichen Einstieg auf einem sehr gemütlichen, breiten Band. Da das Los am Vortag entschieden hatte, dass ich anfangen durfte, schrubbte ich die glatte, nasse Einstiegslänge hoch.

Martin in der 16.Sl/ 8+
Martin in der 16.Sl/ 8+

In den ersten 10 leichten Längen wollten wir unbedingt Zeit gut machen. Die Kletterei war hier immer mal wieder richtig nass, was aber außer bei der 8- Stelle nicht weiter gestört hat.

Ein Ropeman zum Zusammenfassen der 4., 5. und 6. Seillänge (5+, 2 und 2) macht Sinn und spart Zeit. Der Fels ist hier größtenteils sehr gut, gibt aber lediglich einen faden Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Die Absicherung ist außer in der 7. Länge ebenfalls perfekt. Hier können 2 bis 3 mittlere Friends nicht schaden!

 

Auch die 9., 10. und 11 Länge lassen sich mit 60m gut zusammenfassen, wenn man sich etwas freizügiger beim Clippen gibt. Vor den letzten 2 Haken der 11. Länge durchzieht ein riesiger, von unten sichtbarer horizontaler Riss die Wand und trennt den guten Fels vom bombastischen Verdonfels in den Seillängen 12 bis 27.

Hier eröffnet sich einem ein Feuerwerk an grandiosem Plattenkalk, das nicht mehr zu enden scheint.

ich in der 14.Sl/ 7
ich in der 14.Sl/ 7

In den schweren Längen überwiegt Plattenkletterei, vor allem die Schlüssellänge sticht durch eine 20 Meter lange 8er Platte mit einem "Rausschmeißerzug" (8+) am vorletzten Haken hervor. Ausnahme bilden zwei kleine Dächer in der 12. Länge (8+) und in der 17. Länge (8, Längenzug). In den leichteren Längen zwischen 6 und 7+ überwiegt im unteren Teil sehr steile, teils überhängende Ausdauerkletterei an riesigen Löchern und Henkeln.

 

Im oberen Teil neigt sich die Wand dann etwas zurück und man kann in der 26. Seillänge genüsslich über 40 Meter lang an hunderten winzigen Chickenheads dem Pfeilerbiwak entgegenklettern. Nach einem Verhauer in der 29. Seillänge (nach den 3 Bohrhaken weitere 20 Meter fallend queren, nicht nach oben), erreichten wir das seilfreie Gelände.

 

Nach einer kurzen Pause und dem Aufüllen der Flaschen mit Schmelzwasser machten sich bei uns langsam die ersten Anzeichen einer ekstatischen Vorfreude breit.

Martin in der 17.Sl/ 8
Martin in der 17.Sl/ 8

Wir hatten 30 Seillängen bis zum oberen 8. Grad frei geklettert! Aber es fehlten noch 400 Meter seilfrei bis zum vierten Grad. Es galt also die Ekstase noch etwas aufzuschieben und höchst konzentriert den richtigen Weg zu finden. Das stellte sich als erstaunlich leicht heraus.

Wie so oft in der Route haben uns die Kommentare in Adi Stockers Topo das Leben sehr leicht gemacht, auch wenn der ganze obere Teil sehr intuitiv und leicht kletterbar ist. Nach einem letzten Mal kurz sichern in der 32. Seillänge (5) standen wir kurz darauf am Ausstieg, am höchstmöglichen Punkt, wirklich?

 

Ja, wir haben es geschafft!!! Aber realisieren sollten wir diesen Erfolg erst am Tag darauf am Auto, da wir aufgrund der vielen kleinen Horror-Geschichten, die wir von der Spindler-Schlucht gehört haben, eine Nächtigung in der komfortablen Biwakschachtel bevorzugten. Stattdessen legten wir einen Zwischenstop an der Dreizinkenspitze ein.

Mit fast schon unverschämter Pünktlichkeit stolperten wir dann sozusagen durch die Türe der Biwakschachtel in die frisch gekochten Penne Bolognese von 4 Bergsteigern, die von Süden her aufgestiegen waren und sich unser erbarmten.

 

Am nächsten Morgen machten wir uns auf zum Einstieg der Spindler-Schlucht. Zu großen Teilen findet man in den riesigen Schuttfeldern einen deutlichen Weg, problematisch für die Orientierung waren nur die Schneefelder. Der Einstieg und die Schlucht selbst war oben noch gut markiert, nach unten hin verblassen die Markierungen zunehmend. Oben stecken gebohrte Ringhaken, darunter 1 bis 3 Normalhaken und noch einige Eisenkonstruktionen mit Schlinge oder Karabiner.

 

Infos für Wiederholer:

-Zustieg 1,5 Stunden

-Kletterzeit 11 Stunden

-Ausstieg bis Auto 5-7 Stunden

Wir haben lediglich die Seillängen 1, 7, 8 und 15-22 mit den normalen Ständen geklettert. Beim großen Rest haben wir zwischen 2 und 3 Längen zusammengefasst, am laufenden Seil nur in den Längen 4, 5, 6 (ca. 80m) und 27, 28 (65m).

 

Fazit: Ein Erlebnis, das sich nur schwer nachvollziehen lässt, wenn man es nicht selbst gemeistert hat. Die Tour wird sicherlich einige Zeit das anspruchsvollste und genialste meiner vielen Bergerlebnisse bleiben. Zumindest so lange bis wir uns fit genug für die benachbarteSky Fire IX fühlen.

Einen großen Dank an Ralf Sussmann für die tolle Erstbegehung, hier sein Topo!

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